Lehrkräftebildung/-mangel

Die Kultusministerkonferenz (KMK) legt in regelmäßigen Abständen eine Prognose des Lehrkräfteeinstellungsbedarfs und -angebots vor. Die Aussagekraft und insbesondere die Intransparenz dieser Prognosen hat der Verband Bildung und Erziehung (VBE) immer wieder kritisiert. 

Aufgrund der stetigen Zweifel an der Seriosität der Prognosen, hat der VBE den Bildungsforscher Prof. i. R. Dr. Klaus Klemm damit beauftragt, die 2020 offiziell von der KMK vorgelegten Zahlen, wonach 2025 etwa 20.000 und 2030 etwa 14.000 Lehrkräfte fehlen werden, zu prüfen und aus wissenschaftlicher Perspektive zu bewerten. 

Die so entstandene und im Januar 2022 veröffentlichte Expertise „Entwicklung von Lehrkräftebedarf und -angebot in Deutschland bis 2030“ konnte nachweisen, dass die tatsächliche Lücke zwischen Bedarf und Angebot im Jahr 2025 bei 45.000 und 2030 bei 81.000 Lehrkräften liegen wird, wenn die bereits beschlossenen schulpolitischen Reformmaßnahmen wie der Ausbau des Ganztagsangebots an Grundschulen, Inklusion und die Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen bei der Berechnung außen vor bleiben. Kalkuliert man sie ein, könnten 2030 gut 155.000 Lehrkräfte fehlen.

Eine aktualisierte Expertise bis 2035 folgte im März 2022, nachdem die KMK eine Neuberechnung vorgelegt hatte. Auch hier gilt: Die von der KMK vorgelegten Zahlen zum Bedarf an Lehrkräften verschleiern den tatsächlichen Bedarf. Geht die KMK von 23.800 fehlenden Lehrkräften aus, berechnet Prof. Klemm 127.000 fehlenden Lehrkräften (ohne pädagogische Reformmaßnahmen) bzw. 158.000 fehlenden Lehrkräften (inkl. pädagogische Reformmaßnahmen).

Hinzu kommt, dass bereits beschlossene schulpolitische Reformmaßnahmen wie der Ausbau des Ganztagsangebots an Grundschulen, Inklusion und die Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen, zusätzliche Herausforderungen für die Schulen bedeuten. Sie bedarfsgerecht umzusetzen, erzeugt einen massiven Mehrbedarf an Lehrkräften.

Der VBE fordert:

  • Eine sofortige bundesweite Fachkräfteoffensive! 
    Diese muss im Sinne des im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankerten Kooperationsgebotes im Verantwortungsgemeinschaft aus Bund, Ländern und Kommunen heraus umgesetzt und ausfinanziert werden. Schulabsolventinnen und -absolventen müssen über eine bundesweite Lehrkräftegewinnungskampagne gezielt angesprochen werden, um den zwingend notwendigen schnellen Zuwachs an Studierenden zu erzielen.
  • Deutliche Verbesserungen in der Ausbildung von Lehrkräften!
    Es braucht eine Erhöhung der Studienplätze bei gleichzeitiger Verbesserung der Studienbedingungen und der Studienbegleitung, auch um eine Reduzierung der Abbruchquoten zu erzielen.
  • Die Attraktivität des Berufsbildes muss spürbar gesteigert werden!
    Es braucht die gleiche Bezahlung unabhängig von Schulform und -stufe und eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen an Schule.
  • Die Politik muss sich ehrlich machen!
    Es braucht ein klares Bekenntnis dazu, ob und wie ernst die Politik es mit den schulpolitischen Maßnahmen Ganztag, Inklusion, Integration und der Unterstützung von Kindern in herausfordernden sozialen Lagen meint. Um diese Maßnahmen bedarfsgerecht umzusetzen, braucht es etwa ein Zwei-Pädagogen-System, was den Lehrkräftebedarf massiv erhöht.
  • Die Einsetzung und Verstetigung von multiprofessionellen Teams!
    Verwaltungsaufgaben müssen minimiert oder durch entsprechende Fachkräfte durchführt werden. Schulpsychologinnen, Schulsozialarbeiter, Schulgesundheits- und IT-Fachkräfte können nicht nur Lehrkräfte entlasten, sondern auch an Schule existente Aufgaben fachgerecht ausführen, für die Lehrkräfte nicht originär ausgebildet sind.
  • Evaluation kurz- und mittelfristig notwendiger Maßnahmen! 
    Die Integration von Seiteneinsteigenden oder Pensionisten, muss stetig evaluiert werden. Zudem muss für Seiteneinsteigende eine mindestens sechsmonatige Vorqualifizierung grundsätzlich sichergestellt sein. Ohne diese, können sie mit den vielfältigen Herausforderungen zunehmend heterogener Lerngruppen nicht umgehen. 
  • Realistische Prognosen!
    Bedarfs- und Angebotsprognosen der politisch Verantwortlichen müssen valide, ehrlich, aktuell und vollumfänglich transparent erfolgen! Es braucht eine methodische Abstimmung zwischen den politisch Verantwortlichen. Zudem benötigt es endlich fortlaufend fächerspezifischer Erhebungen, insbesondere für Mangelfächer, die die Bedarfe von Schulen in Relation zu tatsächlichen und zu realisierenden Hochschulkapazitäten stellen. Die Qualität der Lehre darf dabei nicht ausgehöhlt werden.
  • Weg mit Taktiken, die das Ausmaß des Lehrkräftemangels verschleiern und die Qualität der Bildung schwächen! 
    Die Erhöhung von Klassenteilern oder die Doppelberechnung von Lehrkräften bei Campuszusammenlegungen, müssen aufhören.
  • Weitere, kreative und auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnittene Maßnahmen und Anreizsysteme, um (neue) Lehrkräfte für den Dienst in abgelegenen ländlichen Regionen zu gewinnen. 

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