100 Jahre Grundschule
100 Jahre Grundschule, 100 Jahre Institution für gemeinsames Lernen und Grundbildung
veröffentlicht am 22. November 2019
Die VBE Bundesversammlung würdigt angesichts des hundertjährigen Bestehens der Grundschule die besonderen Leistungen dieser Schulform. Vor 100 Jahren wurde sie im Rahmen der Verabschiedung der Weimarer Verfassung eingeführt. In ihr lernen Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen, mit und ohne Migrations- oder Fluchthintergrund, mit Elternhäusern, die ihnen schlechtere oder bessere sozio-ökonomische Bedingungen bereitstellen können. Für alle diese Kinder legt die Grundschule die Basis für den weiteren Bildungsweg. Ohne das Erlernen des Alphabets, des Lesens und des Schreibens können später Texte weder verstanden noch wiedergegeben werden, fallen eigentlich einfache Aufgaben unendlich schwer.
Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs werden in der Grundschule gemeinsam unterrichtet. Dabei stellen sich große Herausforderungen wegen der Verschiedenheit der Kinder in Bezug auf ihr Alter, die Bildungsstände, Erziehungserfahrungen und physischen und psychischen Voraussetzungen. Trotzdem müssen die Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit angenommen werden, damit sie ganz individuell auf ihrem Weg begleitet werden können. Dafür sind jedoch hohe Investitionen notwendig, die aber nach wie vor nicht geleistet werden.
Im Durchschnitt der OECD-Länder gibt Deutschland gemessen am BIP weniger aus (nämlich nur 3 statt 3,5 Prozent). Aber die Leistungen der Grundschule sind nicht zum Nulltarif zu bekommen. Bildung kostet, denn sie ist etwas wert. Die Entwicklung war jahrelang, Schulen zu schließen und den Lehrkräftebedarf entsprechend komplett veralteter Statistiken zu berechnen.
Selbst die sehr konservativ angelegten Prognosen der Kultusministerkonferenz sehen einen Lehrermangel voraus. Wie andere Studien zeigen konnten, ist dieser entsprechend der neuen Geburtenstatistiken sogar noch eklatant höher, denn die Geburtenrate steigt und der hohe Zuzug von Kindern mit Fluchthintergrund insbesondere im Jahr 2015 führt nun dazu, dass die Lerngruppen immer größer werden – weil Lehrkräfte und Lernorte fehlen. Diese Entwicklung ist indiskutabel. Wenn an die Grundschule der Anspruch gestellt wird, die Kinder individuell zu fördern, müssen hierfür auch die entsprechenden Bedingungen geschaffen werden.
Deshalb kämpft der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in allen seinen Landesverbänden und als Bundesverband für beste Bedingungen in Grundschulen (und allen anderen Schulformen), u. a. durch den Einsatz für
- eine wertschätzende Bezahlung, die aufgrund der Gleichwertigkeit der Lehrämter nur A13/EG13 für alle im Eingangsamt sein kann,
- einen am pädagogischen Mehrwert zu messenden Einsatz von digitalen Endgeräten,
- Investitionen in Schulbau, der sich an pädagogischen Bedürfnissen orientiert und in dem Barrierefreiheit priorisiert wird, und
- die Unterstützung und Entlastung der Lehrkräfte durch multiprofessionelle Teams.
Grundschule der Zukunft ist neben Lernraum immer mehr Lebensraum. Deswegen gilt: Jeder Euro für Bildung und Erziehung in der Grundschule rentiert sich doppelt. Denn wir finden die breiteste Heterogenität an Herausforderungen hier an der Grundschule. Die Menge an Anforderungen, welche Politik und Gesellschaft an die Grundschule stellt, ist kaum zu schultern. Trotz fehlender Gelingensbedingungen nehmen sich Grundschullehrkräfte dieser Anforderungen aber höchstprofessionell an. Dafür verdienen Grundschullehrkräfte höchste Anerkennung und Wertschätzung in der Gesellschaft.